
Im Herzen Sachsens tobt ein Konflikt um den Kiesabbau in Ottendorf, der nicht nur lokale Naturschützer mobilisiert, sondern auch europäische Instanzen auf den Plan ruft. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) erhebt vehement Einwände gegen die Pläne, ein neues Abbaufeld des Kieswerks Ottendorf in der Region Würschnitz-West zu erschließen. Der geplante Standort liegt in unmittelbarer Nähe des Naturschutzgebiets der Waldmoore bei Medingen und Großdittmannsdorf, was den NABU alarmiert.
Matthias Schrack, Vorsitzender der lokalen NABU-Ortsgruppe, warnt vor den Folgen eines solchen Vorhabens. Er weist darauf hin, dass die Moore, die seit 2018 in trockenen Sommern erfolgreich mit Wasser versorgt wurden, durch die Zerstörung der Kiessandrücken gefährdet sind. Diese Maßnahmen könnten den Wasserzufluss zu den Mooren unterbrechen und somit Flora und Fauna massiv schädigen. „In unseren 8.500 Jahre alten Waldmooren leben bedrohte Arten wie der Moorfrosch, die große Moorjungfer und der Sperlingskauz“, betont er, was die Dringlichkeit der Situation unterstreicht.
Bedrohung für geschützte Lebensräume
Die NABU-Ortsgruppe, die seit ihrer Gründung im Jahr 1975 aktiv ist, hat sich bei der EU beschwert. Diese Beschwerde stützt sich auf die Erkenntnis, dass der Kiesabbau nicht nur gefährlich für die Moore ist, sondern auch alte Waldbestände und unersetzliche Quell- und Moorgebiete bedroht. Dieses Ansinnen wird in der Region Radeburg-Laußnitzer Heide, die sich über die Landkreise Meißen und Bautzen erstreckt, besonders kritisch gesehen.
Der Kiesabbau könnte die Umwelt nicht nur durch Verfüllung eines Kiessandtagebaus mit standortfremdem Material gefährden, sondern auch die Wasserqualität. Eine Erhöhung der Leitfähigkeit und Nitratwerte im Pechfluss und seinen Seitengräben droht. Diese Abwertung der Gewässer könnte insbesondere die sensiblen Moorlebensräume und die darauf angewiesenen Tier- und Pflanzenarten stark beeinträchtigen.
Regulatorische Herausforderungen
Aktuell läuft ein bergrechtliches Planfeststellungsverfahren für das neue Abbaugebiet „Würschnitz West“. Während ursprünglich eine Fläche von 44 Hektar genehmigt wurde, beantragte der Betreiber eine Ausweitung auf 137 Hektar. Die NABU-Ortsgruppe hebt hervor, dass die vorgelegten Unterlagen Defizite aufweisen, insbesondere bei den Verträglichkeitsuntersuchungen für Umwelt- und NATURA-2000-Gebiete. Ein fehlendes hydrogeologisches Gutachten für die potenziellen Auswirkungen auf die Umgebung wird ebenfalls scharf kritisiert.
Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie), ein zentraler Baustein der europäischen Naturschutzgesetzgebung, dient als Grundlage für den Schutz gefährdeter Arten und Lebensräume. Die NACU stützt ihre Argumentation unter anderem auf die Anforderungen dieser Richtlinie, die den Erhalt des ökologischen Gleichgewichts gewährleisten soll und somit auch für die betroffenen Moorregionen von Bedeutung ist. Über 40 Arten in diesem Gebiet fallen bereits unter den Schutz dieser europäischen Rahmenbedingungen.
Die Auseinandersetzung um den Kiesabbau in Ottendorf verdeutlicht die Spannungen zwischen wirtschaftlichen Interessen und dem dringenden Bedarf an Umwelt- und Naturschutz. Solche Konflikte sind kein Einzelfall, sondern spiegeln eine breitere Herausforderung wider: den Erhalt der Natur in einer Zeit, in der Ressourcen intensiv genutzt werden und Lebensräume in Gefahr sind.