
In der Bundesliga sind leere Stadionplätze ein wiederkehrendes Thema, das sowohl den Klubs als auch den Fans zu schaffen macht. Tim Thoelke, der Stadionsprecher von RB Leipzig, hat den Ansatz gewählt, die Zuschauerzahlen als „verkaufte Tickets“ zu kommunizieren. Dies soll helfen, die Transparenz zu erhöhen, da häufig Diskrepanzen zwischen den Anzeigetafeln und den tatsächlich belegten Sitzplätzen festgestellt werden. Ein zentrales Problem ist die sogenannte No-Show-Rate, die vor allem bei Dauerkartenbesitzern häufig auftritt. Die offizielle Auslastung der Liga liegt aktuell bei 95,9 Prozent, doch immer wieder wird festgestellt, dass viele Plätze leer bleiben.
Ein Blick auf die Statistiken zeigt, dass die durchschnittliche No-Show-Rate in der Bundesliga bei etwa 10 Prozent liegt. Im Vergleich dazu liegen die Raten in anderen Bereichen, wie beispielsweise bei Arztterminen (25 %) oder Hochzeiten (20 %), deutlich höher. Dominik Schreyer, ein Forscher der WHU Düsseldorf, hat sich intensiv mit diesem Phänomen auseinandergesetzt, das nicht nur in der Bundesliga, sondern auch bei anderen Veranstaltungen zu beobachten ist. In der vergangenen Saison berichteten 14 Bundesligisten über ihre No-Show-Quote, und RB Leipzig verzeichnete eine Rate von 13 %, die in dieser Saison unter 10 % gesenkt werden soll.
No-Show als wirtschaftliches Problem
Die leeren Plätze stellen sowohl ein ökonomisches als auch ein imagebezogenes Problem für die Klubs dar. Leipzig plant daher ernsthaft, den Dauerkartenbesitzern, die nicht mindestens an zehn Spielen teilnehmen, die Saisontickets zu entziehen. Das Ziel ist, die Zahl der Dauerkarten von 32.000 auf 25.000 zu reduzieren. Große Klubs wie Bayern München, Borussia Dortmund und VfL Wolfsburg verfahren ähnlich und haben Mindestnutzungsregelungen eingeführt.
Darüber hinaus neigen einige Vereine dazu, einen Zweitmarkt für Dauerkarten zu schaffen, um nicht genutzte Tickets erneut anzubieten. So berichtet der BVB von einer Erhöhung der Zutrittszahlen und einem florierenden Ticketzweitmarkt. Der SC Freiburg schafft es gar, nahezu 100 % der über diesen Markt angebotenen Tickets zu verkaufen. Einfache und bequeme Möglichkeiten zur Ticketweitergabe, etwa über Smartphone-Apps, spielen dabei eine entscheidende Rolle.
Einflussfaktoren auf die No-Show-Rate
Die Ursachen für die No-Show-Rate sind vielfältig. Studien zeigen, dass der wahrgenommene Wert einer Veranstaltung erheblich zur Teilnahmebereitschaft beiträgt. Faktoren wie die Attraktivität des Gegners – beeinflusst durch den Talent- und Marktwert – sowie die Terminierung des Spiels spielen eine essenzielle Rolle. Besonders ungünstige Spielzeiten, etwa unter der Woche oder spät am Sonntagabend, vermindern die Bereitschaft, ins Stadion zu gehen. Auch extreme Wetterbedingungen können die Besucherzahlen beeinflussen.
Allerdings gibt es häufig eine Diskrepanz zwischen den angegebenen Gründen für das Fernbleiben und den realen Ursachen. Viele Ticketinhaber berufen sich auf soziale Akzeptanz, indem sie Gründe wie Krankheit oder andere Verpflichtungen angeben, während die unbewussten Kosten-Nutzen-Abwägungen oftmals im Hinterkopf bleiben.
Das Thema der leeren Plätze in den Stadien ist nicht nur ein Nebeneffekt des Fußballgeschäfts, sondern auch ein Symptom für größere Veränderungen im Freizeitverhalten. Der Fußball muss sich zunehmend gegen alternative Freizeitangebote und international wachsende Ligen behaupten. Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga, sieht dennoch optimistisch in die Zukunft und betont die Stabilität der Liga sowie die Notwendigkeit, auf die Qualität des Spiels zu setzen.
Die Herausforderung bleibt groß, und es wird spannend sein zu beobachten, wie die Bundesliga auf diese Entwicklungen reagiert, um die Zuschauerzahlen langfristig zu stabilisieren.