
Am Samstag wurde Alice Weidel einstimmig zur ersten Kanzlerkandidatin der AfD auf dem Bundesparteitag in Riesa gewählt. Dies markiert einen historischen Moment für die Partei, die aktuell als zweitstärkste Kraft in den bundesweiten Umfragen gilt, jedoch mit der Herausforderung kämpft, Koalitionspartner zu finden. Weidel, 45 Jahre alt, gilt als die unangefochtene Nummer eins innerhalb der AfD. Ihre Wahl erfolgte per Akklamation ohne Auszählung der Stimmen, was die Geschlossenheit der Partei unterstreicht. Laut Kölner Stadt-Anzeiger ist Weidels öffentliches Bild von einer scharfen Wortwahl und einem polarisierenden Auftreten geprägt.
In ihrer ersten Rede als Kanzlerkandidatin kritisierte Weidel die gegenwärtige Migrationspolitik und befürwortete den umstrittenen Begriff „Remigration“, der die Ausweisung von Personen mit Migrationshintergrund beschreibt. Sie kündigte an, dass ihr Wahlprogramm diesen Begriff aufnehmen werde und sprach sich für „Rückführungen in großem Stil“ aus. Ihr primäres Ziel ist es, die AfD für die konservativ-bürgerliche Mitte wählbar zu machen, wobei sie auch radikale Positionen vertritt. Dazu zählt die Schließung aller Gender Studies an Universitäten und die Entlassung von entsprechenden Professoren. Die Partei fordert zudem die Beendigung der finanziellen Förderung der Gender-Forschung durch den Bund, was letztlich zu einem häufigen Konfliktthema innerhalb der politischen Debatten geworden ist, wie Bundestag.de berichtet.
Kontroversen und Proteste
Die Nominierung Weidels fand in einem Kontext statt, in dem über 12.000 Menschen gegen den Bundesparteitag der AfD protestierten. Laut Polizei waren es rund 10.000 Menschen, die im Stadtgebiet von Riesa demonstrierten. Diese Proteste führten zu Blockaden und Zusammenstößen mit der Polizei, bei denen mehrere Menschen verletzt wurden. Polizeipräsident Lutz Rodig bestätigte, dass die Polizei ihre Verpflichtung zur Sicherstellung der Veranstaltung erfüllt habe. AfD-Co-Vorsitzender Tino Chrupalla nutzte die Gelegenheit, um die Demonstranten zu kritisieren und den Sicherheitskräften für ihren Einsatz zu danken. Die tumultartigen Szenen rund um den Parteitag spiegeln die gespaltenen Meinungen in der Gesellschaft über die AfD wider.
In ihrer Rede zeigte Weidel auch eine klare Linie in der Energiepolitik, indem sie ankündigte, alle Windkraftanlagen abzureißen und die Wiederinbetriebnahme von Kernkraftwerken zu fordern. Dazu gehört auch die Forderung nach längeren Laufzeiten für Kohlekraftwerke und der Wiederbezug von russischem Gas aus der inzwischen umstrittenen „Nord Stream“-Pipeline. Ihre Positionen könnten darauf abzielen, eine Alternative zum bisherigen politischen Kurs der Bundesregierung anzubieten und den Anspruch der AfD auf politische Mitgestaltung zu untermauern.
Ein Blick auf Weidels persönlichen Hintergrund
Privat ist Weidel Teil einer lesbischen Partnerschaft und hat zwei Kinder. Dies macht sie zu einer Ausnahme innerhalb der von Männern dominierten AfD. Politikwissenschaftlerin Anna-Sophie Heinze beschreibt Weidels Aufstieg als verwunderlich, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie versucht, von ihrer Homosexualität abzulenken. Politikprofessor Wolfgang Schroeder äußert, dass Weidel den Rechtsradikalismus in Deutschland begünstige und somit zwischen konservativen und radikalen Positionen flexibel pendeln kann. Der Aufstieg Weidels an die Spitze der AfD könnte den Beginn einer neuen Phase für die Partei markieren.
Mit Weidels Nominierung als Kanzlerkandidatin plant die AfD, nach der nächsten Bundestagswahl die Regierungsverantwortung zu übernehmen. Wie es gelingen wird, die inneren Sicherheitsbedenken der Bevölkerung zu adressieren und gleichzeitig die umstrittenen, polarisierenden Themen aufzugreifen, bleibt abzuwarten.