
In den letzten Jahren hat sich die Lage für Journalisten in Deutschland dramatisch verschlechtert. Grit Baldauf, eine Lokaljournalistin aus Sachsen, ist ein Beispiel für die zunehmenden Bedrohungen, denen Medienschaffende gegenüberstehen. Vor kurzem wurde sie persönlich bedroht, nachdem ein ehemaliger AfD-Stadtrat auf Facebook verkündete, dass er sie während einer Stadtratssitzung in Freiberg bespucken wolle. Baldauf und ihr Team haben in dieser Angelegenheit Anzeige erstattet, ein Verfahren läuft.
Wie die MDR berichtet, sind solche Bedrohungen mittlerweile zum Alltag für Lokaljournalisten in Sachsen und Thüringen geworden. Eine Untersuchung des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) zeigt, dass Journalisten in diesen Regionen zunehmend Feindseligkeiten und sogar körperlicher Gewalt ausgesetzt sind. Die Ergebnisse stammen aus der Studie „Lokaljournalismus unter Druck“, die das Sicherheitsempfinden und die Bedrohungserfahrungen von Medienschaffenden beleuchtet.
Feindliche politische Landschaft
Die aktuelle politische Landschaft weist eine besorgniserregende Verschiebung zugunsten extrem rechter Kräfte auf. Laut der ECPMF-Studie haben Mandats- und Funktionsträger:innen begonnen, Medienfeindlichkeit als Teil ihrer politischen Strategie zu nutzen. Dies führt dazu, dass Lokaljournalisten nicht nur von außerparlamentarischen Akteuren, sondern auch von institutionellen Vertretern bedroht werden. Diese Entwicklungen sind vor dem Hintergrund von Ereignissen wie den Protesten von PEGIDA und der Corona-Pandemie zu betrachten, die die Radikalisierung der AfD vorangetrieben haben.
Die Nähe der Journalisten zu den Orten, über die sie berichten, erschwert eine klare Trennung zwischen Berufs- und Privatleben, was ihre Verletzlichkeit erhöht. Baldauf berichtet, dass Journalisten oft für Missstände und unbequeme Themen wie die Corona-Politik und die Migrationsdebatte verantwortlich gemacht werden. Dieses Klima der Angst, gepaart mit einem strukturellen Personalmangel und einer hohen Arbeitsbelastung, führt dazu, dass viele Lokaljournalisten zögern, konfliktträchtige Themen anzusprechen.
Auf die Bedrohungslage reagieren
Die Arbeitsbedingungen für Lokaljournalisten haben sich in den letzten Jahren erheblich verschlechtert. Das ECPMF erwartet, dass die Journalisten in Sachsen und Thüringen weiterhin Bedrohungen ausgesetzt sein werden. Es wird daher eine dringende Notwendigkeit für verstärkte Sicherheitsmaßnahmen und Unterstützungsangebote gefordert. Der Geschäftsführer des ECPMF, Andreas Lamm, hebt die Bedeutung des Lokaljournalismus für die Demokratie hervor und unterstreicht die Notwendigkeit, die Pressefreiheit zu schützen.
Um die Sicherheit von Journalisten zu gewährleisten, haben Arbeitgeber und Sicherheitsbehörden bereits einige Schutzmaßnahmen eingeführt. Baldauf und ihre Kolleg:innen berichten von einer hohen Sensibilität in den Redaktionen gegenüber Bedrohungsthemen und einer verstärkten Unterstützung untereinander. Dennoch bleiben die Herausforderungen groß, insbesondere angesichts der steigenden Zahl an Übergriffen. Nach Angaben des Spiegel hat sich die Zahl der Übergriffe gegen Journalisten im Jahr 2024 mehr als verdoppelt, was die Dringlichkeit der Thematik zusätzlich unterstreicht.