
Ende 2024 präsentierten zwei Archäologen und ein Philosoph des Exzellenzclusters ROOTS an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel eine neuartige Methodik in der Fachzeitschrift Open Archaeology. Diese Methodik zielt darauf ab, die Identität und soziale Organisation vergangener Gesellschaften anhand archäologischer Funde sowie eines philosophischen Ansatzes zu analysieren. Besonders hervorzuheben ist, dass in dieser Studie archäologische Kategorien erstmals mit dem Human Development Index (HDI) der Vereinten Nationen in Beziehung gesetzt wurden. Der HDI selbst ist ein bedeutender Wohlstandsindikator, der seit 1990 jährlich im Human Development Report veröffentlicht wird (laenderdaten.de).
Dr. Vesa Arponen, einer der Autoren, stellte die Studie am Dienstag den Mitgliedern des UN Human Development Report Office (HDRO) vor. Der Vortrag eröffnete eine Diskussion über die Verknüpfungen zwischen der menschlichen Entwicklung der Vergangenheit und Gegenwart. Die Teilnehmenden des HDRO und des UNDP äußerten ihr Interesse und stellten Fragen zur Methodik, die bei der Untersuchung menschlicher Befähigungen in der Vorgeschichte zum Einsatz kam. Diese Methodik ist dem „Befähigungs-Ansatz“ (Capability Approach) verpflichtet, der das menschliche Wohlergehen nicht nur anhand materieller Güter, sondern auch durch Fähigkeiten und Handlungsmöglichkeiten misst.
Der Fähigkeitsansatz und seine Grundlagen
Der Fähigkeitsansatz, auf den Dr. Arponen in seiner Präsentation Bezug nahm, geht auf die Arbeiten des Philosophen Amartya Sen in den 1970er und 1980er Jahren zurück. In den letzten Jahren wurden jedoch Zweifel an diesem Ansatz geäußert. Kritiker führen an, dass er möglicherweise zu viel Individualismus zulässt und gesellschaftliche Zusammenhänge vernachlässigt. Solche Überlegungen werden in einer ausführlichen reflektierenden Auseinandersetzung über die konzeptionellen Grundlagen der menschlichen Entwicklung behandelt (hdr.undp.org).
Darüber hinaus befasst sich diese Diskussion mit den zentralen Konzepten von Wahl und Freiheit, die für den Fähigkeitsansatz grundlegend sind. Ebenso wird über mögliche zukünftige Entwicklungen des Diskurses zur menschlichen Entwicklung reflektiert, um sicherzustellen, dass auch gesellschaftliche Dimensionen angemessen berücksichtigt werden.
Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart
Vesa Arponen betonte die Notwendigkeit, die Verbindungen zwischen den Erfahrungen vergangener Gesellschaften und den aktuellen Herausforderungen zu erkennen. Er stellte fest, dass das Wissen über die Vergangenheit entscheidend dazu beitragen kann, aktuelle gesellschaftliche Probleme besser zu verstehen und zu bewältigen. Der Human Development Report, der jährlich vom HDRO herausgegeben wird, untersucht verschiedene Facetten des menschlichen Wohlergehens und bietet wertvolle Informationen zur Verbesserung der Lebensqualität weltweit.
Im Jahr 2021 verschlechterten sich die Lebensverhältnisse in neun von zehn Ländern, was zeigt, wie wichtig es ist, den Human Development Index als Maßstab für den Fortschritt in der menschlichen Entwicklung weiterhin kritisch zu betrachten. Der globale Indexwert ging zum zweiten Mal in Folge zurück und verdeutlicht die Herausforderungen, vor denen viele Staaten stehen. Diese Erkenntnisse bieten einen zusätzlichen Anreiz, die neu entwickelten Methoden und Ansätze, wie sie beim Exzellenzcluster ROOTS vorgestellt wurden, stärker in den Diskurs um die menschliche Entwicklung einzubringen.
Das Seminar, in dessen Rahmen die Studie präsentiert wurde, bot die Möglichkeit, einen Beitrag des Exzellenzclusters ROOTS in einen zukünftigen Bericht zu integrieren. Dies könnte helfen, das Paradigma der menschlichen Entwicklung zu erweitern und innovative Wege zu finden, um die Verhältnisse der gegenwärtigen Welt zu verbessern.