
Silke Maier-Witt, alias Sylvia Beyer, zählt zu den bekanntesten ehemaligen Mitgliedern der Roten Armee Fraktion (RAF). Ihre Geschichte ist ein beispielhaftes Zeugnis der Radikalisierung und der schweren Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit. In ihrer Autobiografie „Ich dachte, bis dahin bin ich tot“ beschreibt sie den Prozess, der sie in den Terrorismus führte. Jacken für Solidarität, der Schrecken der NS-Zeit sowie eine gefühlskalte Kindheit prägten ihren Weg.
Geboren in einer emotional distanzierten Familie reagierte Maier-Witt mit Wut auf die Geschichte. Diese Emotionen trugen zur Radikalisierung in den 1970er Jahren bei. In den Wirren der deutschen Nachkriegsgeschichte, insbesondere vor dem Hintergrund der 68er-Bewegung und des Vietnamkriegs, trat sie 1977 der RAF bei, nachdem sie eine Waffe erhalten hatte. Ihre Mitgliedschaft betrachten einige als Identitätsangebot, da sie sich in der Terrorgruppe sicher fühlte und glaubte, auf der „richtigen Seite“ zu stehen, bereit, gegen den Imperialismus zu kämpfen.
Lebensweg und Verhaftung
Maier-Witt lebte seit 1988 in Neubrandenburg, nachdem sie zuvor in Hoyerswerda und Erfurt gewesen war. Hier arbeitete sie im VEB Pharma als Übersetzerin. Am 6. Juni 1990 wurde ihre Mitstreiterin Susanne Albrecht in Ostberlin verhaftet, und nur kurze Zeit später, am 18. Juni 1990, folgte ihre eigene Festnahme. Diese geschah, nachdem sie mit schwedischen Investoren am Flughafen Berlin-Schönefeld gewesen war. Henning Beer, ein weiterer RAF-Terrorist, wurde am selben Tag festgenommen.
Beide gehörten zu einer Gruppe von zehn RAF-Aussteigern, die sich in der DDR versteckt hatten und an verschiedenen Gewaltverbrechen der Verbrecherorganisation beteiligt waren. Trotz ihrer Verhaftung hinterließ Maier-Witt einen bleibenden Eindruck. Eine Entschuldigung an die Opfer ihrer Taten, wie etwa an Jörg Schleyer, dem Sohn des entführten Managers Hanns Martin Schleyer, ist ein zentraler Teil ihrer Reflexion über den Terror.
Reflexion und Reue
In ihrer Autobiografie beschäftigt sich die ehemalige Terroristin intensiv mit ihrer Kindheit und der Radikalisierung, die zu ihrem Beitritt zur RAF führte. Sie reflektiert über den psychologischen Bann, der kritische Selbstreflexion verhinderte, und äußert Scham über ihr früheres Handeln. Maier-Witt gibt an, dass sie nie selbst in den Kämpfen geschossen hat, dennoch war sie an vielen kriminellen Aktivitäten beteiligt und half bei der Organisation von Überfällen.
Ein einschneidender Moment für sie war die brutale Entführung von Hanns Martin Schleyer, die sie mit vorbereitete, sowie der Tod einer unbeteiligten Frau in Zürich, was ihr die Widersprüche ihres Tuns vor Augen führte. In der DDR trat sie der SED bei und wurde Stasi-Mitarbeiterin, während sie innerlich mit ihren Entscheidungen kämpfte.
Die RAF und der deutsche Rechtsstaat
Die Taten der RAF und der folgende Kampf gegen den Terrorismus führten zu bedeutenden Veränderungen im deutschen Rechtsstaat. Der Umgang der Bundesrepublik Deutschland mit den RAF-Aktivisten stellte die größte innenpolitische Herausforderung der damaligen Zeit dar. Die Staatsgewalt reagierte mit neuen Gesetzen und Maßnahmen, um den Terrorismus einzudämmen. So wurde etwa der § 129 a StGB eingeführt, der sich gegen terroristische Vereinigungen richtete und die Beweisführung erleichterte.
Die Reaktion des Staates umfasste auch weitreichende Einschränkungen von Verteidigungsrechten, die als notwendig erachtet wurden, um die Sicherheit zu gewährleisten. Trotz all dieser Maßnahmen bemängelten Kritiker, dass die Ansätze oft auf Vermutungen basierten und die Garantien der Bürgerrechte nicht wiederhergestellt wurden.
Silke Maier-Witt wird am 25. Februar 2025 in Neustrelitz aus ihrem Buch lesen, und die Vorstellung ist bereits ausverkauft. Diese Autobiografie ist nicht nur eine persönliche Rückschau auf ihr Leben, sondern auch ein Teil der Auseinandersetzung mit einem Kapitel deutscher Geschichte, das tief im Gedächtnis der Gesellschaft verankert ist.