
Bei der heutigen Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora in Weimar kamen mehrere hundert Menschen zusammen. Unter den Anwesenden waren auch KZ-Überlebende, die sich zusammen mit Vertretern der Politik und Gesellschaft in ehrender Stille versammelten. Besonders hervorzuheben ist die Rede des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, der in seiner Ansprache unter anderem die AfD scharf kritisierte und auf die Gefahren der Verharmlosung des Nationalsozialismus hinwies. Wulff beschrieb die Pflicht der Gesellschaft, die Erinnerung wachzuhalten und die Menschlichkeit zu bewahren.
Ein höchst umstrittener Moment der Veranstaltung ereignete sich, als eine junge Teilnehmerin in ihrer Rede von einem „Genozid“ in Palästina sprach. Diese Äußerung führte zu deutlichen Buh-Rufen aus dem Publikum, was die emotionale Stimmung der Gedenkfeier erheblich trübte. Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, intervenierte und wies auf die Unangemessenheit der Wortwahl in diesem Kontext hin. Er betonte die Bedeutung, der unschuldig Getöteten gedenken zu müssen und die Bedeutung dieser Gedenkstätte nicht zu mindern.
Die Einsichten von Überlebenden
Naftali Fürst, der 92-jährige Überlebende von Auschwitz und Buchenwald, ergriff das Wort und appellierte an die Jüngeren, die Verantwortung zur Bewahrung der Menschlichkeit zu übernehmen. Während der Zeremonie wurde Fürst mit dem Thüringer Verdienstorden ausgezeichnet. Sein bewegender Appell stand im Kontrast zu den Konflikten, die durch die jüngsten Äußerungen während der Veranstaltung hervorgerufen wurden.
Neun KZ-Überlebende nahmen an der Kranzniederlegung auf dem ehemaligen Appellplatz des Lagers Buchenwald teil. Dies verdeutlichte die Präsenz der Zeitzeugen und die Dringlichkeit, die Errungenschaften der Humanität zu würdigen und gleichzeitig gegen die Gefahren von Extremismus einzutreten. Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) betonte die besondere Beziehung von Weimar zu Buchenwald und stellte fest, dass Kultur und Barbarei nicht in Einklang gebracht werden können.
Kontroversen und Reaktionen
Ein weiterer Streitpunkt der Veranstaltung war der Auftritt des deutsch-israelischen Philosophen Omri Boehm, dessen Beteiligung letztlich aufgrund von Vorwürfen der Holocaust-Relativierung aus dem Gedenkprogramm entfernt wurde. Wulff nannte Boehm einen „Anwalt universeller Menschenwürde“ und äußerte Verständnis für die Empfindsamkeiten hinsichtlich der aktuellen geopolitischen Konflikte, insbesondere bezüglich der Geiseln in den Händen der Hamas.
Die Ereignisse erinnern an die dunkle Geschichte des KZ Buchenwald, das seit Sommer 1937 von den Nationalsozialisten betrieben wurde. Zwischen 1937 und 1945 wurden ungefähr 280.000 Menschen in das Lager und seine Außenlager verschleppt, von denen 56.000 durch Mord, Hunger, Krankheiten oder medizinische Versuche ums Leben kamen. Am 11. April 1945 erlebten 21.000 Häftlinge die Befreiung durch US-Truppen, während die SS-Kommandeure und Wachleute geflohen waren.
Insgesamt verdeutlicht diese Gedenkveranstaltung, wie wichtig es ist, historische Ereignisse in ihrem angemessenen Kontext zu besprechen, und zeigt die Herausforderungen, die mit dem Gedenken einhergehen. Die Auseinandersetzung um die Wortwahl und die Themen, die in solchen Zeremonien angesprochen werden, bleibt weiterhin ein kritisches Thema im gesellschaftlichen Diskurs.
Für weitere Informationen, lesen Sie die Berichterstattung bei der Süddeutschen Zeitung und die Analyse der Welt.