
Der Jakobsweg zieht viele Menschen an, die auf der Suche nach Antworten sind oder eine tiefere Verbindung zu ihren Liebsten herstellen möchten. Tobias Schlegl, Moderator und Notfallsanitäter, ist einer von ihnen. Zusammen mit seiner 76-jährigen Mutter Sieglinde hat er die beeindruckenden 713 Kilometer von Pamplona nach Santiago de Compostela zurückgelegt. Auf dieser Wanderung hat er nicht nur die Landschaft bewundert, sondern vor allem seine Sicht auf seine Mutter und sich selbst verändert. Laut Gala beschreibt Schlegl seine Mutter als abenteuerlustig und witzig, die selbst bei geschwollenen Füßen keinen Ruhetag einlegen wollte.
Der persönliche Kontakt und die offene Kommunikation standen für beide im Vordergrund der Wanderung. Schlegl erlebte während der Pilgerreise immer wieder Glücksgefühle, die mehrere Stunden anhielten. Eine tiefgreifende Erfahrung war die Tatsache, dass Sieglinde ihm zum ersten Mal ihre OP-Narbe zeigte, die sie seit ihrer Brustkrebserkrankung vor 15 Jahren trägt. Dies führte zu einem offenen Dialog über Vergänglichkeit und den Umgang mit dem Tod, Themen, die Schlegl durch seine Arbeit als Notfallsanitäter gut kennt.
Neue Nähe und Vertrautheit
Die Wanderung hat nicht nur den Körper gefordert, sondern auch die emotionale Bindung zwischen Schlegl und seiner Mutter gestärkt. Nach ihrer Rückkehr verspüren beide eine neue Nähe und Vertrautheit zueinander. Schlegl unterstreicht die Bedeutung, Zeit mit den Eltern zu verbringen, solange diese noch mobil sind. Seine nächste Reise mit der Familie könnte ihn und seine Eltern nach Liverpool führen, um die Spuren der Beatles zu erkunden, da sein Vater inzwischen nicht mehr so gut zu Fuß ist.
Ein weiteres Element, das ihre Reise prägte, war die Ablenkung durch das Spiel UNO an jedem Ziel. Solche kleinen Rituale helfen, die Herausforderungen des Weges leichter zu bewältigen und den Stress zu mindern. Diese Art der Besinnung ist eine von vielen Methoden, die Pilger nutzen, um sich innerlich zu sammeln und ihre Erfahrungen zu verarbeiten. Jakobsweg-Lebensweg.de weist darauf hin, dass viele Menschen den Jakobsweg auch gehen, um Verlust oder Trauer zu verarbeiten. Der Weg bietet die Möglichkeit, sich mit der eigenen Trauer auseinanderzusetzen und die damit verbundenen Gefühle zuzulassen.
Der Rucksack des Lebens
Ein wichtiger Aspekt der Pilgerreise ist der Rucksack, der sowohl physische als auch emotionale Lasten trägt. Auf dem Weg merken viele, dass der Rucksack mit der Zeit leichter wird. Sieglinde und Tobias waren sich einig, dass es wichtig ist, Dinge, die geklärt werden müssen, schriftlich festzuhalten und dann loszulassen. Während ihrer Wanderung erlebten sie auch spontane Glücksmomente, wie einen Sprung in den Atlantik, der für sie zu einer besonderen Erinnerung wurde.
Schlegls Erfahrungen auf dem Jakobsweg zeigen, dass allein das Gehen nicht nur den Körper, sondern auch die Seele berührt. Die ständige Bewegung und der Kontakt zur Natur fördern die Reflexion über das eigene Leben und die Beziehungen zu anderen. Der Jakobsweg wird dabei zu einem Symbol für Hoffnung, Traurigkeit und die Chance, eine neue Perspektive zu gewinnen.