
Holger Engelmann, der Vorstandschef des traditionsreichen Autozulieferers Webasto, tritt vorzeitig von seinem Posten zurück. Engelmann, der das Unternehmen seit 2013 führte, scheidet am kommenden Wochenende im Alter von 59 Jahren aus. Sein Nachfolger, Jörg Buchheim, wird am Montag die Führung übernehmen. Diese Entscheidung wurde einvernehmlich zwischen Engelmann und dem Aufsichtsrat getroffen, wie ZVW berichtet.
Der Schritt wurde von Engelmann als wichtig erachtet, um personelle Kontinuität während einer notwendigen Restrukturierung zu gewährleisten. Ursprünglich wäre sein Vertrag Ende 2023 ausgelaufen. Webasto, ein 124 Jahre altes Familienunternehmen, beschäftigt weltweit über 16.000 Mitarbeiter an mehr als 50 Standorten und ist bekannt für seine Schiebe- und Panoramadächer sowie Heiz- und Batteriesysteme für Elektroautos.
Finanzielle Herausforderungen und Umstrukturierung
Im Jahr 2022 sah sich Webasto mit erheblichen finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert. Das Unternehmen musste eine Stabilisierungsvereinbarung mit Gläubigern schließen. Im Rahmen dieser Herausforderungen wurde Johann Stohner als Chief Restructuring Officer in den Vorstand berufen. Ein Sanierungsgutachten ist derzeit in Arbeit, um die finanziellen Belange des Unternehmens zu klären.
Engelmann hatte in den letzten Jahren besonders das Geschäft in China ausgebaut, wo Webasto mittlerweile für ein Drittel des Konzernumsatzes verantwortlich ist. Im vergangenen Jahr erzielte das Unternehmen in diesem Markt mehr als eine Milliarde Euro von insgesamt 3,5 Milliarden Euro Umsatz, wie die Welt anmerkt.
Webasto in China: Die Erfolgsgeschichte
In China produziert Webasto eine beeindruckende Anzahl von Produkten. Im letzten Jahr stellte das Unternehmen 6,2 Millionen Dächer für diverse Automobilhersteller her. Der Bedarf an Panorama- und Schiebedächern dort ist besonders hoch; etwa 40 % der Fahrzeuge in China sind mit solchen Dächern ausgestattet. Am Mittwoch wird ein neues Werk in Guangzhou eröffnet, und im kommenden Jahr plant Webasto den Bau einer weiteren Fabrik.
Webasto beschäftigt in China knapp 3.000 Mitarbeiter, darunter 200 Ingenieure in Forschung und Entwicklung in Schanghai. Dies verdeutlicht die strategische Bedeutung, die der chinesische Markt für den Konzern hat, wie Welt feststellt.
Der Wandel in der Automobilindustrie
Die Veränderungen im globalen Automobilmarkt sind tiefgreifend. Laut einer Studie hat sich das Epizentrum der Industrie entscheidend nach Asien, insbesondere nach China, verlagert. Im Jahr 2023 wurden fast 60 % aller Fahrzeuge weltweit in Asien produziert, was die Notwendigkeit für europäische Unternehmen wie Webasto unterstreicht, sich an neue Marktbedingungen anzupassen. In Deutschland sind die Produktionszahlen stetig gefallen seit 2018, was IW Köln bestätigt.
Webasto sieht sich zudem der Herausforderung gegenüber, im aufstrebenden Batteriegeschäft ein Umsatzvolumen von einer Milliarde Euro in den nächsten fünf Jahren zu erreichen. Ein Börsengang der Webasto SE ist jedoch nicht geplant, da das Unternehmen an seiner Identität als Familienunternehmen festhalten möchte.
Die Situation im Automobilsektor bleibt angespannt. Unternehmen wie Bosch und Continental haben bereits Sparprogramme angekündigt, um sich den Herausforderungen der aktuellen Wirtschaftskrise zu stellen. Webasto wird unter der neuen Führung von Jörg Buchheim wohl auch die Prioritäten erneut setzen müssen, um im stark umkämpften Markt bestehen zu können.