
Amalie Kretzer, die erste Doktorandin der Physik an der Universität Bonn, wird derzeit im Universitätsmuseum gewürdigt. Ihre Geschichte ist eine von vielen, die in der neuen Ausstellung „Her mit den Portr[AI]ts!“ thematisiert wird, die die systematische Benachteiligung von Wissenschaftlerinnen in der Vergangenheit beleuchtet. Kretzer promovierte bereits 1908, was zu ihrer Zeit einen beachtlichen Erfolg darstellt, obwohl Frauen der Zugang zur höheren Bildung stark erschwert war. Trotz dieser Hindernisse arbeitete sie nach ihrer Promotion als Lehrerin, bis sie 1917 heiratete. Diese Eheschließung führte zu einem weiteren Rückschlag, da die damals geltende Zölibatsklausel sie von einer weiteren Lehrtätigkeit ausschloss, eine Regelung, die erst drei Jahre später abgeschafft wurde.
Die Ausstellung zeigt das „Versäumte Bild“ von Kretzer, zusammen mit den Porträts von weiteren elf Wissenschaftlerinnen ihrer Zeit. Diese Darstellungen sollen nicht nur an die Leistungen dieser Frauen erinnern, sondern auch die Herausforderungen verdeutlichen, denen sie gegenüberstanden. Laut uni-bonn.de wurden solche Wissenschaftlerinnen oft nicht als solche anerkannt und durften nicht unter ihrem eigenen Namen publizieren, was die Sichtbarkeit ihrer bevorstehenden Errungenschaften weiter einschränkte.
Neue Perspektiven durch KI
In der Ausstellung werden auch innovative Ansätze zur Wiederentdeckung der Geschichte dieser Wissenschaftlerinnen präsentiert. Gesine Born, Fotografin und Wissenschaftskommunikatorin, hat mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz neue Porträts dieser Frauen erstellt. Sie nutzt hartes Licht und starke Posen, um die Frauen gleichzustellen und ihnen einen Platz in den Ahnengalerien der Männer zu sichern. Die KI verarbeitet vorhandene Fotografien und ergänzt sie mit textbasierten Informationen, ein Prozess, der den Blick auf die historischen Errungenschaften von Frauen in der Wissenschaft verändern könnte.
Die Initiative zur Durchführung dieser Ausstellung ging von Gabriele Alonso Rodriguez, der Gleichstellungsbeauftragten der Universität Bonn, aus und erhielt Unterstützung von Prof. Dr. Andreas Archut, der die Konzeptualisierung und Bekanntmachung vorangetrieben hat. Diese Bemühungen sind Teil eines breiteren Engagements zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit in der Wissenschaft und Forschung.
Frauenanteil in der Wissenschaft heute
Die Förderung von Frauen in der Wissenschaft bleibt jedoch eine aktuelle Herausforderung. In Deutschland arbeiten etwa 735.000 Menschen in der industriellen Forschung. Der Frauenanteil in dieser Branche lag im Jahr 2019 bei lediglich 14,8 Prozent, was die Nachwirkungen der historischen Benachteiligung verdeutlicht. Die Automobilbranche, als führendes Segment der Industrieforschung, zeigt eine überwiegend männlich geprägte Unternehmenskultur. Eine Umfrage von Dynata im Auftrag von PwC Strategy bestätigte, dass 44 Prozent der befragten Automobilmanager Chancen für mehr Frauen in Führungspositionen sehen, während 36 Prozent dies als Hemmnis für die strategische Ausrichtung ihrer Unternehmen betrachten.
Um diesen Missstand zu begegnen, setzen Unternehmen wie die Daimler AG gezielte Maßnahmen zur Förderung von Frauen um, einschließlich Frauenförderung und Chancengleichheit durch spezifische Betriebsvereinbarungen. Darüber hinaus gibt es Mentoringprogramme sowie Workshops, die Frauen helfen sollen, Führungspositionen zu erreichen. Auch in der Pharmaindustrie, die die zweitgrößte Branche der Industrieforschung in Deutschland darstellt, sind Frauen stärker vertreten; dort machen sie 41 Prozent der vollzeitbeschäftigten Arbeitskräfte aus und jede dritte Führungskraft ist weiblich.
Die Ausstellung im Universitätsmuseum ist mittwochs bis sonntags von 12:00 bis 17:00 Uhr geöffnet. An Feiertagen bleibt das Museum geschlossen. Diese Veranstaltungen und Initiativen sind entscheidend, um die Sichtbarkeit und Anerkennung von Wissenschaftlerinnen zu erhöhen und die Gleichstellung in der Wissenschaft voranzubringen, wie auch academics.de darlegt.