
Lucy Letby, eine 35-jährige ehemalige Kinderkrankenschwester, wurde im August 2023 aufgrund ihrer Vergehen für das Morden von sieben Säuglingen und den versuchten Mord an weiteren sieben verurteilt. Die Jury entschied auf eine Strafe von fünfzehnfach lebenslanger Haft, was bedeutet, dass eine vorzeitige Entlassung ausgeschlossen ist. Doch gut eineinhalb Jahre nach dem Prozess wächst der Zweifel an der Beweisführung der Staatsanwaltschaft, wie maz-online.de berichtet.
Letby wurde 1990 in Hereford geboren und absolvierte ihr Studium der Krankenpflege im September 2011 an der University of Chester. Ab Januar 2012 war sie in der neonatologischen Einheit des Countess of Chester Hospital tätig. Ihre Karriere begann vielversprechend, und sie war aktiv am Fundraising für eine neue neonatalen Abteilung teilgenommen, was sie bei ihren Kolleginnen und Kollegen beliebt machte. Dennoch begannen 2015 die ersten unruhigen Berichte über eine Häufung plötzlicher Säuglingstodfälle auf der Intensivstation.
Ermittlungen und Verurteilung
Die Polizei wurde auf Letby aufmerksam, nachdem es zu einer unerklärlichen Zunahme der Todesfälle gekommen war. Laut Berichten starben im Jahr 2015 acht Kinder, gefolgt von weiteren fünf Todesfällen im ersten Halbjahr 2016. In den vier Jahren davor lag die Zahl der Todesfälle im Durchschnitt bei ein bis drei pro Jahr. Obduktionen und externe Untersuchungen ergaben keine Hinweise auf ein strafbares Verhalten, was die Ermittler unter dem Namen „Operation Hummingbird“ nicht davon abhielt, Letby ins Visier zu nehmen.
Wichtige Beweise der Anklage umfassten ihre Verdächtigungen, abnormalen Blutwerte, die auf Insulinvergiftung und Luftembolie hindeuteten, sowie Inkonsistenzen in den medizinischen Aufzeichnungen. Problematisch war auch ein Dokument, das Dienstpläne mit Todesfällen verknüpfte, jedoch Vorfälle ausließ, in denen Letby nicht im Dienst war. Dr. Dewi Evans, ein medizinischer Gutachter, wurde als Schlüsselzeuge der Anklage benannt, obwohl seine Aussagen als umstritten gelten, da sie oft ohne klaren Beweis blieben.
Zweifel an der Beweisführung
Mit einem Gremium von 14 Neonatologen, darunter Professor Shoo Lee, kamen Experten zu dem Schluss, dass in den 14 Fälle keine Morde festzustellen waren. Stattdessen identifizierten sie schwerwiegende Behandlungsfehler und bestätigten eine chaotische Stationssituation. Letbys handgeschriebene Notizen, die als Eingeständnis ihrer Schuld interpretiert wurden, überzeugten die Jury hingegen nicht. Die Verteidigung rief nur zwei Zeugen auf, wobei Letby selbst und ein Klempner aussagten.
Nach der Verurteilung wurde eine unabhängige Untersuchung zu den Umständen der Todesfälle eingeleitet, die im September 2024 begann. Inzwischen wird Letby für weitere potenzielle Fälle untersucht, die möglicherweise in Verbindung mit ihren Handlungen stehen. Es bleibt ungewiss, ob der Fall neu verhandelt wird; eine Justizkommission wird darüber entscheiden.
Kritik an Ärzten und dem Krankenhausmanagement
Die Verwaltung des Countess of Chester Hospital sieht sich bereits seit langem erheblicher Kritik ausgesetzt. Berichte legen nahe, dass Warnungen über Letbys Verhalten ignoriert wurden. Die Tatsache, dass gegen mehrere ihrer Kollegen Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung geführt werden, verdeutlicht, dass das Geschehen größere Dimensionen besitzt, als ursprünglich angenommen. Während sie im Dezember 2023 aus dem Krankenhauspersonal entfernt wurde, bleibt Letby bis heute unter strenger Beobachtung, da die Polizei rund 30 anderen Fällen von potenzieller Gefährdung bei Neugeborenen nachgeht.
Die komplexe und tragische Geschichte rund um Lucy Letby wirft zahlreiche Fragen zur Sicherheit auf Intensivstationen und zur Verantwortung von medizinischem Personal auf. Experten sind sich einig, dass die politischen und strukturellen Herausforderungen in Gesundheitseinrichtungen gründlich untersucht werden müssen, um Wiederholungen solcher Vorfälle zu vermeiden, wie wikipedia.org hervorhebt.